Franz Graf von Wimpffen

Franz Graf von Wimpffen, geboren am 19.08.1899 auf Schloß Kainberg, gestorben auf Schloß Kainberg /Österreich am 3.September 1973. Sohn des Grafen Siegfried von Wimpffen und der Gräfin Franziska Stockau.(Franziska Stockau entstammte einer “morganatischen” Verbindung mit einem Grafen Thurn und Taxis)

Als Freiwilliger im Husaren-Regiment Nr. 5 nahm er am ersten Weltkrieg teil, nach dessen Ende er sich auf sein Landgut Ercsi in Ungarn zurückzog , um sich der Landwirtschaft zu widmen.

Anfang der 3oer Jahre begann er eine politische Karriere mit der Absicht, ein Abgeordneten-Mandat im ungarischen Parlament zu erwerben – eine Karriere, die im aufkommenden Nationalsozialismus in Ungarn an manch’ tragischem Zug nicht mangelte. Den Hintergrund seiner Überlegungen bildete die Tatsache, dass er als reicher Großgrundbesitzer –sein Grundbesitz betrug an die 2o.ooo Morgen – zur herrschenden Elite des ungarischen politischen Lebens gehörte und somit sich gute Chancen ausrechnen konnte, bei einer halbwegs günstigen Positionierung ohne größere Schwierigkeiten ins Parlament gewählt zu werden. Auch standen ausreichend Finanzmittel zur Verfügung, um einen attraktiven Wahlkampf zu führen. (Sein Vater war immerhin erbliches Mitglied des ungarischen Oberhauses)

Wie sah nun Ungarns politische Landschaft aus? Nach dem Sturz der kommunistischen Räterepublik, errichtete der Konteradmiral Miklos Horthy von Nagybanya ein autoritäres, konservativ ausgerichtetes Regime, das im Grunde genommen die Fortsetzung des Vorkriegs-Feudalsystem bedeutete. Formal eine konstitutionelle Monarchie, ohne König, jedoch mit demokratischen Parteien

Unter dem Einfluß des Politikers Gyula Gömbös wurde in den 3oer Jahren die Annäherung an das nationalsozialistische Regime in Deutschland und an das faschistische Italien stark gefördert; „Judengesetze“ wurden ins Leben gerufen, die Diskriminierung der ungarischen Juden begann – eine Politik, die, dank des SS-Obersturmführers Adolf Eichmann in Auschwitz mündete. Die ungarische faschistische, nationalsozialistische „Pfeilkreuzler-Partei“ gewann insbesondere bei den ärmeren Volksschichten – Industriearbeiter und beim „Agrarproletariat“ – stark an Einfluss. Zwar regierte das Land die „Partei der Nationalen Einheit“(NEP) eine Vertretung der Großgrundbesitzer, der begüterten Bauern und des reichen Bürgertums, eine im Grunde konservative Partei, doch die sog. „Reformkräfte“, die für eine Bodenrefom eintraten, wurden immer stärker.

Franz von Wimpffen betrat die politische Bühne anlässlich der Parlamentswahlen 1935. Der immense Grundbesitz seiner Familie umfasste einen Großteil seines Wahlbezirks, er konnte sich also gute Chancen ausrechnen, den Sieg zu erringen. Die Zentrale der NEP hat jedoch nicht ihn zum offiziellen Kandidaten des Wahlbezirks Adony nominiert, sondern einen ehemaligen Gutsverwalter, Artur Haan, einen „Reformbefürworter“, der die Industriearbeiter ,die Tagelöhner und ärmeren Schichten zu gewinnen hoffte. Gegen ihn waren naturgemäß die Großgrundbesitzer und die gehobenen Schichten des Wahlbezirks, einschließlich der Kirche, die Franz von Wimpffen unterstützten.

Im Wahlkampf griff Haan zu Mitteln, die für die damalige Zeit recht ungewöhnlich waren, wenn es darum ging, einen Aristokraten öffentlich anzugreifen: er betonte in den Wahlveranstaltungen, Wimpffen sei ein Vertreter des jüdischen Großbürgertums, da er eine jüdische Ehefrau habe (Käthe Schiffer (11.5.1907 – 3.10.1961),Tochter des Großindustriellen Miksa Schiffer) die ihn beeinflusst, er hingegen sei Nationalsozialist und arischer Abstammung.

Der Ton wurde immer schärfer, die politischen Gegner mobilisierten ihre Anhänger, es kam in vielen Orten zu Tumulten. Am Tage der Wahl versammelte sich die Menge im Ort Ercsi, dem Wohnsitz von Franz Graf von Wimpffen, um gegen den „Terror“ der Haan-Anhänger zu protestieren. Die Aufforderung des angerückten Gendarmerie-Kommandanten, sich zu zerstreuen, wurde mißachtet, er war im Begriffe, das Feuer auf die Menge zu eröffnen, als Wimpffen erschien und die Menschen aufforderte, keinen Widerstand zu leisten, sondern zur Wahl zu gehen und die Stimme abzugeben.

Wimpffen erhielt schließlich 4391 Stimmen, sein Gegner Haan 5o22 – demnach 1o5 Stimmen mehr als Wimpffen. ( Wenige Jahre später verließ Haan seine Partei und wurde zum führenden Mitglied der faschistischen Pfeilkreuzler-Partei.)

Doch die Anhänger Wimpffens ließen es nicht bei diesem Ergebnis bewenden, sondern forderten die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der dann tatsächlich eingesetzt wurde. Der Ausschuß stellte in seinem Untersuchungsergebnis fest, gegen Wimpffens Anhänger sei Gewalt angewandt worden, man habe Wohnhäusern, in denen Anhänger Wimpffens wohnten, die Fenster eingeschlagen, den Arbeitern der örtlichen Zuckerfabrik sei z. B. der Entzug des Arbeitsplatzes angedroht worden, sollten diese Wimpffen wählen.

Der Landrat, Graf Viktor Szechenyi ( ein Verwandter von Franz v.Wimpffen) schrieb einen Bericht an den Innenminister, in dem er sich für Haan aussprach, da dieser ein Arier sei, während Wimpffen eine jüdische Sipphaft hinter sich habe – ein ungewöhnlicher Vorgang unter Standesgenossen, gänzlich untypisch für die ungarische Hocharistokratie, die mit wenigen Ausnahmen  jegliche Art von Antisemitismus ablehnte.

Doch Wimpffens Anhänger gaben nach der Wahlniederlage keine Ruhe, sondern griffen nun ihrerseits den neugewählten Abgeordneten an. Als Hebel diente der Umstand, dass Haan evangelisch , während der größte Teil del Wählerschaft katholischen Glaubens war. Bei den anstehenden Gemeinderatswahlen in Ercsi versuchten die Parteiführung von Haan und der Landrat Szechenyi zwei evangelische Anhänger von Haan in den Gemeinderat wählen zu lassen – doch Wimpffen und die mit ihm verbündete katholische Kirche wussten dies zu verhindern. Der evangelische Pfarrerr beschwerte sich beim Landrat, beim Reichsverweser Horthy und bei der Regierungspartei. Es kam zu einem regelrechten Religions-Kleinkrieg zwischen dem evangelischen Haan und dem katholischen Wimpffen und deren Anhängern. Die beiden Pfarrer betrachteten sich als Wortführer. 1936 wurde die Wahl eines Gemeindevorstehers in Ercsi verschoben, um nicht die Emotionen zum Kochen zu bringen. In anonymen Schreiben erhielten der katholische Pfarrer, Franz Wimpffen, und zahlreiche Persönlichkeiten Morddrohungen .

Angesichts der aussichtslosen Lage einer Versöhnung entschloss sich Wimpffen, sich aus der politische Arena zurückzuziehen und sich nun wieder der Landwirtschaft zuzuwenden. Nach dem Tode des Vaters, Siegfried Graf von Wimpffen wurde das gesamte Vermögen unter den Erben in 7 einzelne landwirtschaftliche Güter mit eigenen Verwaltungen und der dazugehörigen Bürokratie aufgeteilt. Mit der Erbteilung begann auch der Untergang der ehemals blühenden Wimpffen’schen Landwirtschaft. Unwetter, Hagel, Schweinepest, soziale Unruhen, Arbeitslosigkeit trugen das ihrige zu diesem Untergang bei.

Mit Hilfe von ausländischen Krediten sollte ein Aufschwung versucht werden, doch mangelnder Sachverstand, Kriegswirren und die Radikalisierung des politischen Lebens verhinderten den Wiederaufstieg. Bei Kriegsende waren alle 7 Betriebe gänzlich überschuldet und standen vor dem Ruin. Als 1945 die Rote Armee Ungarn besetzte, kam auch das Ende: das Schloss in Ercsi wurde ausgeraubt, Teile dem Erdboden gleichgemacht, der Park gerodet, Häuser angezündet; im Zuge der Bodenreform wurden die Güter der Familie Wimpffen in ganz Ungarn enteignet. Franz von Wimpffen wurde nach der kommunistischen Machtübernahme 1948 zur Emigration gezwungen, er lebte fortan in Wien. Er starb in Kainberg, im Schloß seiner Vorfahren und wurde in Graz in der Familiengruft beerdigt.

Sein Sohn, Siegfried entging nach der Besetzung Ungarns durch die Rote Armee  knapp dem Tod. Als Pfadfinder nahm er mit 14 Kameraden am 10.Juni 1946 an einem Ausflug  teil. Die Gruppe feierte in einem Wald nahe Budapest (Kamaraerdö), als ein angetrunkener Sowjetsoldat die Gruppe  auseinandertreiben wollte, nachdem größere Menschenansammlungen verboten waren. Einer der Pfadfinder nahm dem Soldaten seine Maschinenpistole ab, ein andere erschoss´ den Sowjetsoldaten , der an Ort und Stelle beerdigt wurde.  Ob der Soldat absichtlich erschossen wurde, konnte im Prozess nicht geklärt werden. Ein sowjetisches Militärgericht verurteilte 3 Pfadfinder am 9.September 1946 zum Tode, 10 erhielten 8 Jahre Straflager in der Sowjetunion, von denen einer im Straflage starb. Siegfried v. Wimpffen entkam dem Strafgericht,  indem er  noch in der Nacht nach Österreich flüchtete. (Die drei zum Tode verurteilten Pfadfinder hießen Miklos Unden, Laszlo Ditzl und der Gymnasiast Ferenc Tasch)

Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft erhielt Siegfried von Wimpffen  4oo ha landwirtschaftliche Nutzfläche als Wiedergutmachung . Das, was vom Schloss übrig geblieben ist, verblieb im Besitz der Gemeinde, das kleine Schloss im Ort Erd wurde in ein Museum umgewandelt.